Haskala Nr.1:
"Gedenken" - Die Schoa im jüdischen
Religionsunterricht
Das Ende des Nazi-Regimes und dessen Folgen
von Samantha, 10. Klasse
Am 8. Mai 1945 war der 2. Weltkrieg zu Ende. Durch den Krieg war in
Deutschland sehr viel zerstört. Die deutsche Bevölkerung bemühte sich, aus
den Überresten einen neuen Staat aufzubauen. Im Krieg sind nicht alle
deutschen Erwachsenen umgekommen. Es stellt sich daher die Frage, was
geschah mit den Nazis, den Parteimitgliedern und den Mitläufern?
Nach 1945 wollte keiner beschuldigt werden, an dem Völkermord beteiligt
gewesen zu sein, jeder stritt ab, etwas davon gewusst zu haben. Die
Alliierten begannen die sogenannte Entnazifizierung. Dies bedeutete, dass
jeder, der ein amtliches Papier benötigte, wie z.B. eine Arbeitserlaubnis,
eine Erlaubnis um ein Geschäft zu eröffnen u.s.w., bei den alliierten
Behörden Formulare ausfüllen musste, um zu belegen, was er in der Zeit von
1933 bis 1945 gemacht hat. Er musste glaubhaft machen, dass er an keinen
Verbrechen beteiligt war.
Die meisten Deutschen waren
Mitglied der NSDAP.
Dieer ersten Prozesse der Alliierten
gegen Mitglieder der deutschen Regierung
und hochrangiger Militärführer
waren die sogenannten "Nürnberger
Prozesse". Einige der Angeklagten
wurden zum Tode verurteilt. Auch in
späteren Jahren haben mehrere Prozesse
gegen Naziverbrecher stattgefunden.
Diese wurden dann allerdings schon
von der deutschen Justiz durchgeführt.
Es gab die Auschwitz-Prozesse in
Frankfurt in den 60-er Jahren, den
Maidanek-Prozess in Düsseldorf in den
70-er Jahren, den Treblinka-Prozess in
Düsseldorf, sowie viele kleinere Verfahren,
die nicht so starkes Aufsehen erregten.
Besonderes Interesse erregte 1961
der Eichmann-Prozess in Jerusalem.
Eichmann war vom israelischen
Geheimdienst in Südamerika entführt
und nach Jerusalem gebracht worden.
Er war der einzige Naziverbrecher, der
in Israel vor Gericht gestellt wurde. Er
wurde zum Tode verurteilt.
Es gab auch in anderen Staaten
Prozesse gegen Naziverbrecher
unter anderem in
Frankreich.
Sowohl die Entnazifizierung als auch alle Prozesse sagen nichts darüber aus,
welche Gesinnung die Menschen heute noch haben, unabhängig ihres Alters. Es
gibt noch diverse Gruppierungen, die unverhüllt ihre Mitgliedschaft in
Nazigruppen dokumentieren. Da wären als Beispiel zu nennen die Mitglieder
bestimmter Gruppen innerhalb der Wehrmacht, die sich heute noch trotz ihres
hohen Alters regelmäßig treffen und aus ihrer Einstellung keinen Hehl
machen.
Unabhängig von diesen sogenannten "ewig Gestrigen", gibt es die Neo-Nazis.
Darunter versteht man Menschen, die zur Zeit der Naziherrschaft noch nicht
gelebt haben, aber trotzdem die gleiche Gesinnung und Meinung vertreten. Die
neuen Naziorganisationen sind ähnlich geführt wie früher die Organisationen
in Hitler-Deutschland. Einige dieser Gruppierungen sind gewaltbereit und der
Terrorszene zuzurechnen.
Nach Ende des Krieges haben die Deutschen in der Mehrzahl das Geschehen
nicht mehr ansprechen wollen, d.h. der Krieg und alles, was damit zu tun
hatte, war ein Tabu-Thema. Es wurde nicht nur in der Öffentlichkeit nicht
darüber gesprochen, sondern auch in den Familien. Erst im Laufe der
Jahrzehnte hat sich daran etwas geändert. Es wurden Fragen gestellt und
kritisch auf die Antworten geachtet. Durch das jahrelange Schweigen ist viel
an Informationen verloren gegangen. Außerdem konnten viele, die eigentlich
Nazis waren, unbehelligt ihr Leben fortführen und zum Teil wieder an hohe
Positionen im neuen deutschen Staat gelangen. Manch ein jüngerer Mensch weiß
heute nicht, was Großeltern oder Eltern in der Zeit gemacht haben.
Dieses Schweigen betrifft nicht nur die Täter-Seite, sondern auch die Opfer-
Seite. Die Überlebenden des Holocaust sahen sich nicht im Stande, ihren
Familienangehörigen, insbesondere nicht ihren Kindern, von ihren
schrecklichen Erlebnissen zu berichten. Erst sehr viel später begannen
einige Opfer ihre Geschichte zu erzählen oder aufzuschreiben, sodass die
nachfolgende Generation etwas mehr von dem Geschehen erfahren konnte.
Die Auswirkungen sind heute noch zu spüren. Über dieses Thema sind schon
viele Bücher geschrieben worden - und jedes einzelne ist wichtig. Es stellt
sich die Frage, ob die Menschen aus diesem Teil der Geschichte etwas gelernt
haben - ob sich so etwas vielleicht wiederholen könnte. Es ist schwer
zuzugeben, zur Täter-Seite gehört zu haben, genauso schwer wie für die Opfer
ihre Leiden zuzugeben. Wichtig ist nur, dass alle begreifen, dass das
Geschehen eine Schande für die Menschheit war und sich in keiner Form
irgendwo wiederholen darf.
hagalil.com / 2004-01-21 |