Haskala Nr.1:
"Gedenken" - Die Schoa im jüdischen
Religionsunterricht
Auseinandersetzung mit Tat und Tätern und nicht nur mit den Opfern
von Roni, 9. Klasse
Eines der schlimmsten Verbrechen der Nazis war es, dass sie
die Menschen manipulierten. Ihnen war jedes Mittel recht,
ihren
Staat zu erhalten. Da es nach dem Ermächtigungsgesetz
sowieso
keine Einschränkungen mehr gab, war der Weg für einen
Terrorstaat geschaffen:
Die NSDAP hatte alle Macht im Staat und ihr Führer die Macht über die
Partei. Er richtete viele verschiedene Organisationen oder Gruppen ein, die
sich um die "Ordnung" im Staat kümmerten. Eine von ihnen ist die
Hitlerjugend. Sie hatte die Aufgabe, schon der Jugend über die "Lage der
Nation" zu berichten. So gab es schon bei den Kleinsten im Staat eine
Gehirnwäsche. Wie der Rest des Volkes lebten sie ohne objektive Nachrichten
und Berichte.
Die Jugend verbrachte also ihre Freizeit in der HJ und lernte, wer dem Staat
gut und wer dem Staat schlecht gesonnen war. So war sichergestellt, dass
keins der Kinder schnell auf die Idee kommen würde, dass es Ungerechtigkeit
im Deutschen Reich geben würde. Um den Kindern die HJ schmackhaft zu machen,
wurden Lieder gesungen, gezeltet und Wettkämpfe veranstaltet, doch standen
diese immer unter einem negativen Ziel: Die Eingliederung der Jugend in den
NS-Staat.
Für die Älteren gab es natürlich keine Spielgruppen, in denen der Staat als
hervorragend angepriesen wurde. Dies wurde stattdessen durch die Zensur der
Medien erreicht, wie zum Beispiel durch das Verbot den befeindeten
Radiosender BBC, zu hören. Außerdem wurden Propagandafilme produziert, die
ein Highlight in der deutschen Öffentlichkeit waren. Denn wer konnte es sich
schon leisten, mitten im Krieg ein Kino zu besuchen? Doch Hitler ließ
Schulklassen und Erwachsene das "Familienspektakel" kostenlos besuchen. Also
war wiederum die Zustimmung vieler Menschen gesichert, denn Kino im Krieg
ist eigentlich unvorstellbar. Auch Bücher gab es nur noch selten. Wenn es
welche gab, dann nur welche, die Titel trugen wie: "Mein Freund der Führer"
oder "Die wahre Geschichte der Deutschen Nation".
Wenn diese Mittel alle nicht griffen und die Untergrundbewegungen immer noch
Widerstand leisteten, dann kam die geheime Staatspolizei ins Spiel. Sie
brachte den richtigen Terror über den Staat. Ihr war es erlaubt, Menschen
festzunehmen, sie ohne Gerichtsverfahren zu verwahren oder sie zu foltern.
Oft starben diese Menschen. Die Gestapo verbreitete eine vollkommene Angst,
der nur wenige sich in den Weg stellen konnten. Doch erkannten viele das
System nicht oder hielten es für richtig, denn viele in der Bevölkerung
waren Denunzianten. Sie gaben Tipps und verpetzten andere Bürger,
Zwangsarbeiter und Juden. Diese hatten dann mit den Mitteln der Gestapo zu
rechnen -, zum Beispiel mit Schutzhaft. Wobei sich hier die Frage stellt,
wer vor wem und aus welchem Grund durch Gefangenschaft in sog. Schutzhaft
geschützt werden sollte? Warum musste jeder Jude "geschützt" werden? Er
wurde doch später sowieso in einem KZ "evakuiert". Der Schutz sollte also
offiziell der Bevölkerung gelten, die vor allem Unreinen (was ein Begriff
aus der Hebräischen Bibel ist, die auch den Juden gehört!) bewahrt werden
sollte.
Doch hat dieses Dritte Reich nicht die Bevölkerung zerstört? Immerhin
handelt es sich beim "Hundertjährigen Reich" (1933-1945) um einen Verlust an
der Front von über einer Millionen Menschen. Ausgelassen sind hier die Toten
auf der anderen Seite. Außerdem starben etliche Menschen bei Luftangriffen.
Dies kann man alles als Kriegsunglück bezeichnen, doch was ist mit den sechs
Millionen Juden, fünfhunderttausend Sinti und Roma? Homosexuellen?
Demokraten? Sozialisten? Man muss einfach sehen, dass diese Art der
Staatsführung nie eine Chance hatte und auch nie eine haben wird. Und so ist
es die Aufgabe aller derer, die Zeitzeugen sind oder auch nicht, und vor
allem die Aufgabe des deutschen Volkes, sich an diese schreckliche Zeit zu
erinnern.
Das Judentum hat ja mit dem Jom Ha'Schoa schon einen offiziellen Gedenktag
eingeführt. Doch muss das Thema nicht nur von den Betroffenen erwähnt
werden, sondern alle Menschen müssen sich erinnern, damit solch eine Art der
Regierung nie wieder eine Möglichkeit bekommt, auf dieser Erde zu herrschen.
Foto: Archiv SGK
hagalil.com / 2004-01-21 |