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Schule gegen Rechts:
Unmittelbare Auseinandersetzung
und aktuelle Arbeit
Wer
Courage hat, soll es zeigen! |
Was ich, du und wir im Alltag gegen Gewalt und
Rassismus tun können |
Gewalt
und rassistische Übergriffe finden tagtäglich in der Schule, am
Arbeitsplatz, auf der Straße, in der Bahn, in der Kneipe usw. statt.
Viele Menschen reagieren verunsichert und schauen oder hören einfach
weg. Sie merken kaum, dass sie damit selbst ein Klima von Gewalt fördern
und verstärken.
Im Umgang mit Gewalt und Rassismus liegen heute viele positive
Erfahrungen vor, die zeigen können, wie Gewalttäter/innen und
Rassist/innen in die Schranken verwiesen werden können. Sie zeigen,
was du und ich tun können, damit Gewalt und Rassismus erst gar nicht
entsteht.
Weil
Gewalttäter/innen und Rassist/innen es überhaupt nicht mögen, wenn
sie und ihre Taten und Sprüche in die Öffentlichkeit gebracht
werden, macht es Sinn, sie öffentlich zur Rede zu stellen und zur
Rechenschaft zu ziehen. Oft versuchen sie uns lachend, mit ihren blöden
Sprüchen und erniedrigenden Witzen, auf ihre Seite zu ziehen;
meistens vertrauen sie darauf, dass ihnen keiner widerspricht oder wir
ihnen keinen Widerstand entgegensetzten. |
Einige grundsätzliche Gedanken: |
Verwende keine Abwehrwaffen oder -geräte. Alle
bisherigen Erfahrungen deuten darauf hin, dass die damit von dir
ausgehenden Signale die Wut und die Gewalt der Angreifer/innen verstärken
oder sogar scheinbar legitimieren. Außerdem wirst du nie sicher sein
können, dass sich deine Waffe nicht plötzlich gegen dich selber
richtet. Als
Alternative gibt es Signalgeräte wie z.B. Trillerpfeifen oder kleine
Alarmgeräte: Damit kannst du Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit
herstellen und Täter/innen für eine erste Schrecksekunde stoppen.
Auch einfache (billige) Photoapparate (mit Blitzlicht) haben aus
sicherer Entfernung eine erhebliche Störwirkung. Gewalttäter/innen
schrecken oft von ihrem Vorhaben zurück, wenn sie Angst haben müssen,
wiedererkannt zu werden.
Es gibt keine richtigen Rezepte, Tips oder Verhaltensregeln. Jede
Situation ist zuerst einmal abhängig von dir selber und deinen Fähigkeiten.
Von daher empfehlen wir dir die Teilnahme an einem Gewalt- oder
Rassismus- Deeskalationstraining*. Dort lernst du deine Möglichkeiten
und Fähigkeiten (dir selber oder anderen zu helfen) zu entwickeln,
sie selbstsicher und wirkungsvoller einzusetzen. |
Was du
tun kannst: |
In der Öffentlichkeit |
Mach
den Mund auf, wenn du Zeuge von rassistischen Beschimpfungen und
erniedrigenden Witzen wirst. Widerspreche laut und deutlich. Laß
nicht zu, dass im Gespräch über Ausländer/innen oder Flüchtlinge
eine verhetzende Sprache gebraucht wird. Weise darauf hin, dass
niemand ohne Not seine Heimat verlässt und die Fluchtursachen sehr
vielfältig sind.
Laßt Leute aus Zuwandererfamilien und Flüchtlinge zu Wort kommen und
schafft Gelegenheiten, in denen Deutsche und solche Leute sich
begegnen und verständigen können.
Wende dich mit Leserbriefen in der Zeitung gegen rassistische Aktionen
und diskriminierende Berichterstattungen. Setz dich in solchen Briefen
für ein Zusammenleben der Bevölkerung ein.
Fordere die Abgeordneten deines Wahlkreises auf, sich eindeutig gegen
Gewalt und Rassismus zu wenden. Politiker/innen haben Vorbildfunktion.
Frage sie nach ihrer Haltung zu diesem Problem!
Wende dich an die Medien, wenn diese eine Sprache oder Bilder
verwenden, die Diskriminierung fördern, erzeugen oder billigen.
Nimm
die Ängste und Probleme, die Menschen in deiner Nähe mit "Ausländer/innen"
haben, ernst und respektiere sie. Greife die Ängste und Probleme auf
und versuche, sie mit Sachargumenten zu entkräften. Jemand, der
Angst, Bedenken oder Probleme hat, ist noch lange kein Rassist.
Stelle Strafanzeige bei der Polizei, wenn du mitbekommst, dass in
deiner Umgebung rechtsextremistische Lieder, Computerspiele,
Zeitschriften, Propaganda usw. kursieren. Informiere über deine
Beobachtungen die verantwortlichen Parteien und Politiker/innen in
deiner Stadt und frage nach, was sie unternehmen werden. |
Bei Schlägereien: |
Wenn
Kinder, Jugendliche oder Erwachsene sich schlagen, schlage Alarm, mach
Krach, stell Öffentlichkeit (aus sicherer Entfernung) her. Mach
andere auf die Schlägerei aufmerksam und schick sie los, um Hilfe
oder die Polizei zu holen.
Gewalttäter/innen haben Angst wiedererkannt und zur Rechenschaft
gezogen zu werden. Also sprich sie direkt an (wenn Du einen Namen gehört
hast) oder benenne deutliche Wiedererkennungsmerkmale: "Du mit
der Stirnglatze, wir kennen dich, -hör auf ... wir haben schon die
Polizei angerufen ..."
Viele Kinder und Jugendlichen behaupten, zur Rede gestellt,
"alles wäre nur ein Spaß" gewesen. Sie werden schnell
nachdenklich, wenn du die vorausgegangene "Gewalt" beim
Namen nennen kannst: "Dann lass mal deinen Arm sehen, den roten
Fleck (die blutende Lippe, das blaue Auge, die zerrissene Hose usw.),
nennst du das einen Spaß? Ich nenne das Körperverletzung ... (und
schon bist du in der Offensive). |
In der Bahn, im Bus |
In
der Bahn, im Bus usw. wird jemand angegriffen, erniedrigt, verletzt.
Die Mitfahrenden sind schockiert oder eingeschüchtert, sie wissen
nicht, wie sie sich verhalten sollen. Folgendes kannst du tun:
Du kannst den/die Fahrer/in auffordern, die Polizei zu rufen. Er/sie
ist verpflichtet, dies zu tun. Sonst kann er/sie wegen unterlassener
Hilfeleistung belangt werden.
Wenn du nicht direkt zum/zur Fahrer/in gelangen kannst, kannst du
diejenigen, die vorne sitzen, laut anschreien: "Der Fahrer soll
die Polizei informieren."
Du kannst andere Mitfahrende auffordern, mit dir laut zu pfeifen und
zu rufen. "Hört auf, hört auf!" Anfangs machen dabei
wenige, dann i. d. R. immer mehr mit. Jetzt wird die Situation für
Gewalttäter/innen riskant, weil sie unüberschaubar und unberechenbar
ist. Sie scheuen das Risiko und versuchen wahrscheinlich sich vom Ort
des Geschehens zu entfernen.
Je nach Sachlage und Situation kannst du auch den/die Fahrer/in
auffordern, die Türen abzusperren, so dass sich die Täter/innen
nicht entfernen können, bis die Polizei ankommt.
Es ist wichtig, möglichst viele Mitfahrende direkt anzusprechen und
in die Verantwortung zu nehmen - um so stärker ist die Wirkung gegenüber
den Angreifer/innen! |
In der Kneipe: |
Du
bekommst mit, wie einige über die andere herziehen, sie beleidigen
oder angreifen. Oder sie fangen an, rassistische Sprüche und Witze
abzulassen. Wenn jemand versucht, die Leute zur Vernunft zu bringen,
zeigen sie möglicherweise mit einem zackig gebrüllten "Heil
Hitler", wer in dieser Kneipe das Sagen hat. Möglicherweise
werden sie sogar gewalttätig und fangen an, "ausländisch"
aussehende Gäste anzupöbeln.
Hol dir Hilfe! Bitte andere Gäste, gleichzeitig mit mehreren
aufzustehen. Stellt euch, wenn ihr eine deutliche Mehrheit seit,
zwischen oder um die Randalierer und fordert sie gemeinsam auf, aufzuhören.
Du kannst zum/r Wirt/in (oder zu Gästen mit Handy (Tel.110)) gehen
und ihn/sie bitten, die Polizei anzurufen. Der/die Wirt/in hat die
Pflicht, Straftaten in seinem Lokal zu verhindern. Wenn er/sie dieses
Verhalten seiner Gäste duldet, kann ihn/sie das die Lizenz kosten.
Du kannst die Polizei selber anrufen und vor der Gaststätte auf sie
warten. Da kannst du in Ruhe erklären, was passiert ist. |
In der Fußgängerzone: |
Laß
dich in rassistischen oder gewalttätigen Situationen nicht
provozieren! Gewalt entsteht oft, weil ein Wort das andere gibt.
Duze die Angreifer/in nicht. Andere Passanten könnten leicht einen
rein privaten Konflikt vermuten.
Übernimm die "Regie", sprich andere Anwesende direkt und
persönlich an: "Hallo, sie da im grünen Mantel, bitte helfen
die mir, rufen sie sofort die Polizei!" Wenn diese/r Passant/in
darauf reagiert, dann ist meist der Knoten geplatzt und der sogenannte
Schneeballeffekt tritt ein. Jetzt kannst Du auch andere Passant/innen
aktivieren. Für die Randalierer/innen wird jetzt die Situation
schwierig. Sie sind überrascht, denn bisher war ihre Erfahrung, dass
die Menschen gleichgültig oder verschüchtert reagieren.
Wichtig: Eine Anzeige bildet erfahrungsgemäß den besten
Schutz vor erneuten rassistischen Gewalttaten, da die Täter/innen
durch polizeiliche Ermittlungen und Gerichtsverfahren erhebliche
Unannehmlichkeiten zu befürchten haben. Gewalttäter/innen müssen
wissen, dass sie für ihre Untaten zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Polizei ist rund um die Uhr da: am schnellsten über den Notruf
110. |
In deiner Stadt oder Gemeinde: |
Trete dafür ein, dass das Thema "Verständigung
mit Minderheiten" in den Bereichen Kinder- und Jugendarbeit,
Schule, Kultur, Theater, Museen und Konzerte eingebunden und berücksichtigt
wird.
Frage die Vereine (am besten schriftlich), wie viele Leute aus
Zuwandererfamilien und Flüchtlinge bei ihnen Mitglied sind.
Versuche bei öffentlichen Veranstaltungen, Personen aus der
Wirtschaft, Gewerkschaft, Kultur, Wissenschaft, Kirche, Initiativen,
Stadt und Politik an einen "Runden Tisch" zu bekommen.
Organisiere Veranstaltungen, insbesondere zum Tag des Flüchtlings
(Freitag, letzte Septemberwoche), Tag der Menschenrechte (10.12) oder
zum Internationalen Antirassismustag (21.3.). |
In der Nachbarschaft: |
Sorge
alleine oder mit anderen dafür, dass rassistische Parolen an Brücken,
Mauern usw. beseitigt (oder verändert) werden. (So kann z.B. aus
"Ausländer raus" leicht "Deutsche und Ausländer raus
zum 1. Mai" o.ä. werden).
Frage schriftlich bei der Polizei an, was sie gegen rassistische
Parolen unternimmt.
Eröffne Leuten aus Zuwandererfamilien und Flüchtlingen Treffpunkte
(z.B. im kirchlichen Gemeindehaus, im Kulturzentrum, im Sport-Cafe
usw.).
Unterstütze die Selbstorganisationen von Flüchtlingen und von Leuten
aus Zuwandererfamilien. |
Im Kindergarten und in der Schule: |
Frage Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und
Lehrer, wie sie sich für Verständigung einsetzen und was sie gegen
Gewalt und Rassismus unternehmen. Gleiches gilt für Elternbeiräte,
Klassenpflegschaften, Schulkonferenzen und SVen. Meistens macht es
Sinn, die Anfrage schriftlich zu stellen und später nachzuhaken.
Überprüft eure Beteiligung an dem Projekt "Schule Ohne
Rassismus".
Fragt nach (und gebt Hinweise), ob Gewalt- und Rassismus-
Deeskalationstrainings durchgeführt und angeboten werden. |
Im Betrieb und bei der Arbeit: |
Diskutiere mit deinen Kolleg/innen, ob sie dir
bei deinen Vorhaben zur Verständigung helfen können und warum du das
(was du machst) tust.
Nutzt eure Betriebszeitung, um über das Leben und die Geschichte von
Leuten aus Zuwanderfamilien und Flüchtlingen zu berichten. Unterstützt
Solidaritätsaktionen und berichtet darüber. |
In der Religion: |
Feiert
all eure Feste mit Angehörigen anderer Religionen und ladet sie dazu
ein. Laßt euch selber zu Festtagen anderer Religionen einladen,
betone dabei das Gemeinsame und den Respekt vor dem anderen.
Bitte den Vorstand deiner Kirche oder Religionsgemeinschaft, den
anderen Gemeinschaften zu deren Festen einen Brief mit Gratulation zu
schreiben; mach es mit Deiner Gruppe selber.
Nehmt Kinder und Jugendliche aus Flüchtlings- und Zuwandererfamilien
mit in Eure Ferienprojekte und Gruppen. Bietet ihnen Raum für
Freizeit und ehrenamtliches Engagement.
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Wenn du
selber bedroht oder angegriffen wirst: |
Vorbereiten! |
Bereite
dich auf mögliche Bedrohungssituationen seelisch vor: Spiel
Situationen für dich allein und im Gespräch mit anderen durch. Werde
dir grundsätzlich klar darüber, zu welchem persönlichen Risiko du
bereit bist. Es ist besser, sofort die Polizei zu alarmieren und Hilfe
herbeizuholen als sich nicht für oder gegen das Eingreifen
entscheiden zu können und gar nichts zu tun. |
Ruhig bleiben! |
Panik und Hektik vermeiden und möglichst keine
hastigen Bewegungen machen, die reflexartige Reaktionen herausfordern
könnten. Wenn ich "in mir ruhe", bin ich kreativer in
meinen Handlungen und wirke meist auch auf andere Beteiligte
beruhigend! |
Aktiv werden! |
Wichtig
ist, sich von der Angst nicht lähmen zu lassen. Eine Kleinigkeit zu
tun ist besser, als über große Heldentaten nachzudenken. Wenn du
Zeuge/in von Gewalt bist: Zeig, daß du bereit bist, gemäß deinen Möglichkeiten
einzugreifen. Ein einziger Schritt, ein kurzes Ansprechen, jede Aktion
verändert die Situation und kann andere dazu anregen, ihrerseits
einzugreifen. |
Geh aus der dir zugewiesenen Opferrolle! |
Wenn du angegriffen wirst: Flehe nicht und
verhalte dich nicht unterwürfig. Sei dir über deine Prioritäten im
klaren und zeige deutlich, was du willst. Ergreif die Initiative, um
die Situation in deinem Sinne zu prägen: Schreib dein eigenes
Drehbuch! |
Halte den Kontakt zum/r Angreifer/in! |
Stelle Blickkontakt her und versuche,
Kommunikation herzustellen bzw. aufrechtzuerhalten. |
Reden und zuhören! |
Teile das Offensichtliche mit, sprich ruhig, laut
und deutlich. Hör zu, was dein/e Gegner/in bzw. Angreifer/in sagt.
Aus seinen/ihren Antworten kannst du deine nächsten Schritte
ableiten. |
Nicht drohen oder beleidigen! |
Mach
keine geringschätzigen Äußerungen über den/die Angreifer/in.
Versuche nicht, ihn/sie einzuschüchtern, ihm/ihr zu drohen oder Angst
zu machen. Kritisier das Verhalten, aber werte ihn/sie persönlich
nicht ab (Klar in der Sprache mäßigend im Ton). |
Hole dir Hilfe! |
Sprich nicht eine anonyme Masse an, sondern
einzelne Personen. Dies gilt sowohl für Opfer als auch für
Zuschauer/innen. Sie sind bereit zu helfen, wenn jemand anderes den
ersten Schritt macht oder sie persönlich angesprochen werden. |
Tu das Unerwartete! |
Fall aus der Rolle, sei kreativ und nutz den Überraschungseffekt
zu deinem Vorteil aus. |
Vermeide möglichst jeden Körperkontakt! |
Wenn
du jemandem zu Hilfe kommst, vermeide es möglichst, den/die
Angreifer/in anzufassen, es sei denn, ihr seid in der Überzahl, so daß
ihr jemanden beruhigend festhalten könnt. Körperkontakt ist in der
Regel eine Grenzüberschreitung, die zu weiterer Gewalt führen kann.
Wenn nötig, nimm lieber direkten Kontakt zum Opfer auf. |
Aktives gewaltfreies Verhalten ist erlernbar. |
Indem
wir uns unsere Ängste und Handlungsgrenzen bewußt machen, erfahren
wir gleichzeitig auch mehr über den Bereich, der zwischen diesen
Grenzen liegt. Oft unterschätzen wir die Vielfalt unserer Möglichkeiten.
In Rollenspielen und konkreten Übungen zum Umfang mit direkter Gewalt
können wir neue kreative Antworten auf Konfliktsituationen entdecken.
Gewalt- und Rassismus- Deeskalationstrainings* bieten uns die
Chance, bisher ungewohntes Verhalten auszuprobieren, einzuüben und
auf seine Wirkungen hin zu überprüfen. |
*Eskalation ist die stufenweise Steigerung
und Verschärfung vorhandener Mittel (z.B. Gewalt), um ein Ziel zu
erreichen. Dieser Begriff wird häufig im militärischen und
politischen Bereich verwendet, wenn es um Gewalt geht.
Deeskalation bezeichnet exakt das Gegenteil.
Deeskalations
- Trainings bietet an: SOS-Rassismus-NRW. Dort kann ein ausführliches
Info und ein Trainer/innen-Verzeichnis bestellt werden. |
Shirin
Pargas + Sabine Schlüter
www.sos-rassismus-nrw.de
Villigster Deeskalationsteam Gewalt und Rassismus
Haus Villigst, 58239 Schwerte, Tel.:02304/755190 |
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